Die Führungsstrategien des Alphawolfs – Johannes Voss

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Mit den Mitarbeitern verschwindet immer auch das Knowhow, das später mit einem immensen Kostenaufwand wieder aufgebaut werden muss.

Weil die Wölfe sich schnell anpassen, steigen ihre Überlebens- und Erfolgschancen. Menschen in Unternehmen dagegen zeichnen sich oft durch ein immenses Beharrungsvermögen aus. „Das haben wir doch noch nie so gemacht!“ ist meist die erste Maxime angesichts neuer Herausforderungen. Die zweite lautet so: „Das ging doch die letzten 135 Jahre gut

Bekämen die Menschen in Unternehmen die Auswirkungen ihres Tuns ähnlich direkt zu spüren wie die Wölfe, dann wäre ihre Änderungsbereitschaft mit Sicherheit ausgeprägter. Ein Wolf, der sein Jagdverhalten nicht an die Beute oder das Gelände anpasst, bleibt hungrig. Ein Mitarbeiter, der seine Kunden schlecht behandelt oder falsch berät, kriegt seinen Kühlschrank trotzdem voll

Ein Alpha geht mit seinem Rudel zur Jagd. Ein Alpha ruht inmitten seines Rudels, denn genau da gehört er hin. Und nur dort bekommt er auch sich anbahnende Konflikte mit.

Immerwährende Harmonie gibt es nicht. Eine gute Führungskraft hat Feinde. Auch ein Alphawolf hat Feinde, sogar innerhalb des Rudels. Sie machen ihm seine Position streitig, provozieren ihn auf Schritt und Tritt, wollen selbst die Führung des Rudels übernehmen oder sich zumindest einen besseren Platz in der Rangordnung sichern. Weil der Alphawolf aber nicht umsonst der Alpha ist, beweist er Durchsetzungskraft, indem er seinen Willen gegen Widerstand durchsetzt – aber immer zum Nutzen aller.

Ein Alphachef sucht im richtigen Moment die Nähe zu seinen Mitarbeitern und achtet auf Details, er tut dies jedoch nicht immer! So wie der Alphawolf sein Rudel als Ganzes im Blick hat, scannt auch der Alphachef die Gesamtorganisation und bildet sich ein Urteil, das immer das Wohl des Ganzen berücksichtigt. Dabei ist er sehr fürsorglich. Diese Fürsorge hat jedoch nichts mit einem Schmusekurs zu tun!

Entspannte 23,5 Grad Außentemperatur, Nahrungsmittel im Überfluss, trockene Behausungen – um es in die Sprache der Wirtschaft zu übertragen: Erfolg – führen zu Übermut, Trägheit und Egoismus. Dann ist wieder ganz schnell jeder sich selbst der Nächste.

Die Herausforderung für den Alphachef besteht darin, zunächst für jeden einzelnen seiner Mitarbeiter individuell zu ergründen, was Erfolg für ihn bedeutet. Und ihm dann genau diesen Erfolg zu ermöglichen

Ein Alphachef glänzt auch hier durch Einfühlungsvermögen und Sensibilität. Er spürt Veränderungen und Entwicklungswünsche bei seinen Mitarbeitern, denn er kann sowohl die Person als auch deren Potenzial gut einschätzen. Er beschäftigt sich weniger mit Prozessen und Maschinen, sondern mehr mit den Menschen.

Die Frage ist immer: Wie bringt der eine Kollege das dem anderen rüber? Oberlehrerhaft? Oder mit einer Haltung, die signalisiert: Hier geht es nicht darum, dem anderen eventuelle Wissenslücken unter die Nase zu reiben, sondern Wissen zu teilen, damit sich alle gemeinsam weiterentwickeln können.

Die Erkenntnis im Bewusstsein der Mitarbeiter zu verankern, dass Wissen nur nützt, wenn es geteilt und weitergegeben wird, gehört zu den wichtigen Aufgaben eines Alphachefs.

Die Wahrheit über mangelnde Nachwuchspflege in einem Unternehmen lautet: Die Bremser sind immer diejenigen, die Angst haben, dass sie sich selbst weiterentwickeln müssten, um mit den neuen Kräften mithalten zu können

Besteht der Konflikt auf der Sachebene, dann können die härtesten Kämpfe relativ schadlos ausgetragen werden, ohne dass Eingreifen nötig ist. Was lähmt, sind Konflikte, die sich auf der persönlichen Ebene abspielen.

 „Wer sich rührt, führt.“ Der erste Schritt in Richtung Erfolg ist genau das: Bewegung. Ein schlauer Mann hat die Menschheit einmal so eingeteilt: Es gibt unbewegliche Menschen. Es gibt bewegliche Menschen. Und es gibt Menschen, die sich bewegen. Die Botschaft: Warten Sie nicht, bis einer Ihnen sagt: „Beweg dich!“ – Sondern bewegen Sie sich aus eigenem Antrieb.

Diese Masche – mit übersteigerter Bedürfnisweckung auf Kundenfang zu gehen – hat etwas von Blutrünstigkeit, die am Ende dem gesamten System schadet: dem Unternehmen, das die Gier bei den Kunden geweckt hat, und den Kunden, die sich durch ihre Gier selbst schädigen. Wölfe kennen das auch, im Übrigen. Wenn sie auf eine eingezäunte Schafherde losgelassen werden, ist es vorbei mit der Contenance und der vornehm-dezenten „Ich-töte-nur-so-viel-Tiere-wie-ich-auchtatsächlich-fresse“-Haltung. Das massive Fluchtverhalten der Schafe weckt dann einen übermäßigen Jagdinstinkt bei den Wölfen und sie töten alles, was sich bewegt. Dann wollen sie alles haben, was ihnen da vor die Nase gesetzt wurde und irgend wie nach Schaf riecht – obwohl sie es gar nicht brauchen, obwohl es sie kein Stück weiterbringt, ihnen überhaupt nichts nützt. Ganz im Gegenteil.

Jeder ist sich selbst der Nächste, denkt bis zu seiner eigenen Nasenspitze und das war’s dann. Wer aber nicht zur Gesundung des gesamten Systems beiträgt, wird untergehen, die einen früher, die anderen ein bisschen später, aber nichtsdestotrotz unweigerlich. Das ist das Schicksal aller dekadenten Gesellschaften und Institutionen.

Wie der Alphawolf. Der läuft nicht zwingend voran bei der Jagd. Sondern gibt den Wölfen, die vorneweg laufen, im ent- scheidenden Moment einen Impuls in die richtige Richtung. Er führt die Geschicke des Rudels immer dann, wenn eine wichtige Entscheidung ansteht. Er führt aus einer zentralen Position heraus. Nicht vorneweg, nicht hinterher. Mittendrin. Das ist das Geheimnis des Alphawolfs.

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