Höhlengleichnis

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(Hauptwerk Politeia, Platon 370 v.ch.)

Eine Gruppe von Menschen lebt von Kindheit an in einer unterirdischen Höhle. Festgebunden an eine Felswand, können sie weder ihre Köpfe noch ihre Körper bewegen, sondern nur auf die ihnen gegenüberliegende Höhlenwand blicken. Alles Licht stammt von einem Feuer, das hinter ihnen brennt. Zwischen den Feuer und ihren Rücken werden Bilder von Gegenständen vorbeigetragen, die Schatten an die Wand werfen. Die Gefangenen sehen nur diese Schatten der Gegenstände sowie ihre eigene Schatten und die ihrer Mitgefangenen. Selbst wenn die Träger der Gegenstände sprechen, klingt es, als sprächen die Schatten selbst. Ohne das Wissen von dem, was tatsächlich hinter ihrem Rücken jenseits ihrer Wahrnehmung vor sich geht, halten die Höhlenbewohner die Schatten für die einzige und wahre Welt. Und aus diesem Dasein gibt es keine Erlösung. Ein Gefangener, der befreit ans Tageslicht käme, würde nach einer Weile zwar durchschauen, was in der Höhle gespielt wird. Aber er kann die anderen nicht aufklären, weil das, was er erzählte, jenseits ihrer Vorstellung läge. Der Erleuchter erntete Spott und Gelächter, man würde von ihm sagen, er sei mit verdorbenen Augen von oben zurückgekommen. Damit ihnen nicht dasselbe Schicksal widerfährt, brächten sie von nun an vorsorglich jeden um, der sie erlösen wollte.